Forum Bioethik |
Hinweise zu dieser Seite:
Hier werden verschiedene Hinweise zu einigen allgemeinen politischen
Themen behandelt, die auf den ersten Blick nicht direkt etwas mit bioethischen
Fragen zu tun haben, doch aber von Interesse sind, da es sich um Themen
handelt, die sich mit Menschenrechten und internationalem Völkerrecht
beschäftigen.
Dazu gehören insbesondere einige wichtige internationale Vertragswerke,
die zur Zeit von hoher Aktualität sind, und trotzdem nicht sehr bekannt
sind. Einige dieser Vertragswerke und Konventionen werden im Augenblick
von den USA blockiert oder wurden aufgekündigt.
Im Mittelpunkt stehen dabei
- der Internationale Strafgerichtshof (ICC)
- die Biowaffenkonferenz in Genf
- der ABM-Vertrag
Erstaunlich ist auch, wie wenig die Zusammenhänge bekannt sind.
Zahlreiche Staaten (darunter auch viele EU- Staaten) waren z.B. sehr verärgert
über die Haltung der USA, konnten ihren Ärger angesichts der
Ereignisse des 11.Sept. aber nur verhalten ausdrücken.
Eine eigene interne kritische Öffentlichkeit gibt es scheinbar
in den USA derzeit kaum , und Kritik vom Ausland ist nicht sehr erwünscht.
Trotzdem werden gerade auch die Europäer „Menschenrechte annahmen“
müssen, damit nicht in den USA und auch durch die USA weltweit die
bisher erreichten Menschenrechtsstandards weiter gesenkt werden, z.B. daß
Folter wieder ein legitimes Mittel in der Politik (d.h. in extremen Situationen)
wird (dies wird zur Zeit in den USA wieder ernsthaft diskutiert).
Nun einige Erläuterungen zu wichtigen internationalen Vertragswerken
und ihren problematischen Zusammenhängen.
A. Zum Internationalen Strafgerichtshof
(International Criminal Court - ICC)
Hintergründe zum ICC und ein eigenartiger Antrag im US-Senat
Hier scheint es sich - vordergründig - um ein eher normales internationales
Vertragswerk zu handeln, da es auch nicht so sehr im öffentlichen
Bewußtsein ist.
Das ist jedoch nicht der Fall! Mit der Einrichtung eines Internationalen
Strafgerichtshofes soll in einmaliger Weise international anerkanntes Völkerrecht
umgesetzt werden, wobei international anerkannte Menschenrechtsstandards
einbezogen werden. Die Grundlagen dafür sind im Statut von Rom (am
17.Juli 1998) geschaffen worden.
Damit das Statut von Rom und damit das „Weltrechtsprinzip“ institutionell
umgesetzt wird, soll ein Internationaler Strafgerichtshof eingerichtet
werden, der insbesondere drei Vergehen ahndet:
-Völkermord
-Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie z.B. Folter
-schwere Kriegsverbrechen (Erschießung von Zivilisten, „ethnische
Säuberungen“
Bisher gab es dafür nur einige speziell eingerichtete Tribunale
(wie z.B. das UN-Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag für Jugoslawien
und einige andere).
Nun soll weltweit ein Weltrechtsprinzip eingeführt werden, das
vor allem sogen. Straflosigkeit verhindern soll, d.h. dass jetzt Täter
bei Kriegsverbrechen, Folterungen, „Verschwindenlassen“ usw. jetzt auch
zur Rechenschaft gezogen werden können. Das war in der Vergangenheit
kaum der Fall, da oft z.B. spätere Amnestiegesetze Strafverfolgungen
oder Verurteilungen verhindert haben. Ganz besonders deutlich war das insbesondere
bei den Militärdiktaturen in Lateinamerika.
Damit dies geschehen kann, soll der ICC eingerichtet werden. Dazu müssen
60 Staaten das Statut von Rom ratifizieren. Bisher haben es ca. 45 Staaten
ratifiziert (darunter auch Deutschland und zahlreiche andere EU-Staaten;
Stand: Januar 2002).
Die USA lehnen jedoch die Ratifizierung ab. Und noch ungewöhnlicher
ist ein Antrag im US-Senat, der Sanktionen gegen Staaten vorsieht, die
den Vertrag ratifizieren. Dieser Antrag wurde von einem Ausschuß
des US-Senates entwickelt. Mehrfach wurde seit Sommer 2001 versucht, diesen
Antrag im US-Senat durchzubringen, was jedoch nicht gelang.
Dann geschah das Unglaubliche. Der Antag des ASPA wurde im Dezember
im Senat mit einer Mehrheit angenommen (auch Präsident Bush hatte
diesen Antrag unterstützt; eine Mail gibt das wieder: BUSH SUPPORTS
ASPA).
Damit weigern sich die USA zunächst, internationales Völkerrecht
anzuerkennen, da sie es ablehnen, dass auch US-Büger, wenn sie Kriegsverbrechen
begangen haben, vor ein internationales Gericht gestellt werden können.
Andererseits möchten sie, daß Kriegsverbrecher aus anderen Ländern
von einem internationalen Tribunal zur Rechenschaft gezogen werden.
Sicherlich ist interessant, die weitere Entwicklung zu verfolgen. Allerdings
wäre es wünschenswert, wenn sich die USA auch an allgemeines
Völkerrecht halten (und nicht z.B. eigene Militärgerichte einführen,
die nicht mehr den herkömmlichen Menschenrechtsstandards für
faire Verfahren entsprechen- wie es bald nach dem 11.Sept. geschehen ist.
Siehe dazu auch nähere Kommentare von amnesty international).
B. Zur Biowaffenkonferenz in Genf
Hintergründe zur Konferenz und der Ärger
der EU-Minister über die Haltung der USA
(1) Die Biowaffen-Konvention wurde 1972 unterzeichnet und trat
1975 in Kraft. Da es sich bei den Biowaffen um eine einzigartige Waffengattung
handelt (deren zerstörerische Wirkung nicht einzugrenzen ist, da die
lebenden Organismen sich in Raum und Zeit fortpflanzen), gab es eine fast
einmütige Unterstützung aller Länder hinsichtlich der Ächtung
dieser Waffen. Insgesamt haben 143 Staaten die Konvention ratifiziert (Stand:
Mai 2001); ihr offizieller Name ist Biological and Toxin Weapons Convention
- BTWC.
(2) Von besonderer Bedeutung sind daran anschließend die
sogenannten
Überprüfungskonferenzen. Gerade auf diesen Konferenzen sollen
u.a. auch „Schlupflöcher“ in der Konvention geschlossen und die rasanten
Veränderungen in den Bio-Wissenschaften berücksichtigt werden,
die die Entwicklung biologischer Waffen zunehmend einfacher machen.
Eine Überprüfungskonferenz fand im Nov.2001 in Genf statt.
Es war die 5.Vertragsstaatenkonferenz der BTWC, die bislang ungelöste
Kernpunkte der Konvention wie rechtlich bindende Verifikationsmaßnahmen
behandeln sollte sowie die Themen Exportkontrolle und Handel.
Gerade bei den sogenannten „Verifikationsmaßnahmen“ gab es bei
den Vorbereitungstreffen der Ad Hoc Gruppe große Probleme durch die
Haltung der USA. Das heißt, die USA möchten eine Überprüfung
der anderen Länder, lehnen es aber ab, selber überprüft
zu werden, da sie wirtschaftliche Nachteile befürchten. Ähnlich
wie beim ICC wird hier mit zweierlei Maß gemessen: die anderen Länder
sollen sich an internationale Regeln halten, ohne daß die USA sich
aber selber verpflichten zu wollen. Angesichts der hohen Gefährlichkeit
dieser Waffen ist das schon ein Problem.
„Der lange Schatten der USA: Die Unnachgiebigkeit der US-Regierung hat
eine einheitliche starke Position der westlichen Gruppe in Genf verhindert.
Tatsächlich ist die EU-Position, die vor fünf Jahren mit einer
Reihe von Maßnahmen für ein sehr starkes Protokoll gestartet
war, unter dem Einfluß der USA extrem verwässert worden. Die
USA stellen sich vor allem gegen die obligatorischen Besuche bei zufällig
gemeldeten Einrichtungen ausgewählten Laboren. Zu den Kräften
in den USA, die diese Position stützen, gehören die
Nationalen Laboratorien - die offensichtlich keine Kontrollbesuche
in ihren Laboren der B-Waffen Schutzforschung dulden wollen - sowie das
Handelsministerium. Im Mai 1999 hat der frühere US Handelsminister
William Daley Besuche mit der Begründung abgelehnt, dass sie „keinen
Nutzen für die nationale Sicherheit bieten“ würden. Außerdem
bearbeitet der Verband der pharmazeutischen Industrie in den USA (PhRMA)
die US-Regierung. Er fordert sehr eingeschränkte Meldeauflagen und
stellt sich gegen obligatorische Besuche.“ (Aus: The sunshine project:
Die Biowaffen-Konvention und die Verhandlungen für ein Verifikationsprotokoll
(Hintergrundpapier Nr.2, April 2001)
(3) Zum Scheitern der Konferenz
Die Konferenz der Vertragsstaaten zur Biowaffen- Konvention ist gescheitert
(im November/ Dezember 2001). Trotz der Milzbrand- Attentate und der
zunehmenden Gefahr des Einsatzes von Biowaffen auch durch Terrorgruppen
haben die USA die Konferenz verlassen, so daß eine Einigung über
wichtige Verhandlungspunkte nicht möglich war. Konkret wurde nun beschlossen,
daß die Verhandlungen ein Jahr ausgesetzt und im Nov/Dez.2002 wieder
aufgenommen werden.Es bleibt zu hoffen, daß die USA dann einlenken
werden, damit die Herstellung und Erforschung biologischer Waffen unterbunden
bzw. eingegrenzt wird.
Die Erwartungen, die an die Konferenz geknüpft wurden, sind etwa
folgende:
„Die Einigung auf ein schwaches Protokoll oder ein komplettes Scheitern
der Verhandlungen hätte einen fatalen Effekt auf die Kontrolle von
biologischen Waffen. Der internationale Konsens gegen Biowaffen würde
stark geschwächt werden. Angesichts der steigenden B-Waffen-Gefahr
darf das jetzt nicht passieren. Alle Regierungen sollten jede nur mögliche
Anstrengung unternehmen, um einen Konsens für ein starkes und faires
Protokoll zu erzielen, das zumindest die folgenden Punkte enthält:
- Umfangreiche Kriterien zur Meldung von Einrichtungen
- Obligatorische Besuche, die zufällig aus allen gemeldeten Einrichtungen
ausgewählt werden
- Klärungsprozesse, einschließlich obligatorischer Besuche
- Ermittlungen, die schnell und einfach zu starten sind
- Aufbau eines umfassenden Export-Meldesystems“
(aus: Hintergrundpapier Nr.2, The sunshine project, s.o.)
C. Zum ABM-Vertrag
Während um den 8.Dezember 2001 der Antrag des ASPA im US-Senat
angenommen wurde und die USA die Genfer Biowaffen-Konferenz scheitern ließen,
wurde einige Tage später auch der ABM-Vertrag (d.h. der bilaterale
Vertrag mit Rußland zur Begrenzung atomarer Waffen) einseitig von
den USA gekündigt.
Rußland reagierte darauf verärgert, und die USA hatten vorher
vorsichtig geschaut, wie weit sie gehen konnten.
Auch hier kann man nur hoffen, daß die USA keinen neuen atomaren
Rüstungswettlauf beginnen. Die Weltöffentlichkeit sollte hier
die weitere Entwicklung durchaus kritisch beobachten.
D. Die Konferenz der WTO in Quatar (im Nov.2001)
Fast unbemerkt von der Weltöffentlichkeit und im Schatten des Afghanistan-
Krieges fand im Nov.2001 die Konferenz der WTO in Quatar statt.
Dies Treffen hätte eigentlich weltweit besondere Beachtung finden
müssen, da es um ein wichtiges Thema ging: und zwar um die Patentierung
von Genen und die Frage der wirtschaftlichen Vermarktung bzw. der weltweiten
Rechte.
Einige NGOs waren als Beobachter bei dem Treffen zugelassen. Ansonsten
war Quatar als Ort gewählt worden, weil dort (wohl weltweit einzigartig)
Demonstrationen verboten sind. In dieser Umgebung wurde über
Regelungen für Patentierung von Genen entschieden! Welche Auswirkungen
dies insbesondere auf Länder der 3.Welt haben wird, ist noch offen.
Gerade das ist ein Bereich, in dem diese Länder in besonderer Weise
betroffen sind, da es die Frage ist,ob und wieweit sie über die Gene
ihrer eigenen Pflanzen und Tiere bestimmen bzw. verfügen können
oder ob die Verwertungsrechte den großen Firmen in den reichen Industrieländern
zukommen. Die Ergebnisse dieser WTO- Konferenz werden kritisch zu prüfen
sein.
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