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Zur Situation der Menschenrechte nach den Terroranschlägen
aus der Sicht von amnesty international
(Aus: ai-Journal 1/2002 - von Barbara Lochbihler; Generalsekretärin
der deutschen ai-Sektion)
Am Tag der Menschenrechte war der ai-Protest gegen die Folter wieder
einmal deutlich sichtbar. Vor dem Reichstag in Berlin hatte amnesty international
einen roten Teppich aus-
gebreitet und symbolisch „50.000 Schritte gegen die Folter“ markiert.
Die Aktion
fand zum Abschluss der dritten Anti-Folter-Kampagne von amnesty international
statt. Somit
hat die Organisation ein klassisches Menschenrechtsthema in den Mittelpunkt
ihrer Aktivitä-
ten im 40. Jahr nach der Gründung gerückt. Dabei hat ai bewährte
Methoden eingesetzt, aber auch erstmals neue Medien wie E-mail und Internet
systematisch benutzt – die Reso-
nanz war sehr positiv. Wie erfolgreich die Kampagne war, zeigt sich
daran, dass vielen Men-
schen konkret geholfen werden konnte. Es gab zusätzliche Ratifizierungen
internationaler
Pakte gegen die Folter, und auch die Bundesregierung hat die ai-Forderungen
umgesetzt.
Der Bundestag hat nicht nur eine Anhörung abgehalten, sondern
auch die Möglichkeit einer
Individualbeschwerde für Folteropfer geschaffen.
Ergänzend zu früheren Kampagnen, bei denen die rechtlichen
Grundlagen für eine Ächtung
der Folter erkämpft werden mussten, hat amnesty international
ausdrücklich Diskriminierung
und Rassismus als Ursachen für Folter benannt. Auch wurden erstmals
nichtstaatliche Täter
- zum Beispiel in Pakistan – einbezogen, weil Behörden es versäumen,
die zumeist weib-
lichen Opfer der Gewalt zu schützen.
Auch wenn die Kampagne beendet wird, bedeutet das für die Zukunft
keine Einschränkung
des Engagements gegen die Folter. Im Gegenteil: Die täglichen
Arbeit zeigt, dass es langen
Atem erfordert, bis die Folter wirklich geächtet und abgeschafft
ist. Viele Entwicklungen der
vergangenen Monate sind ermutigend. Auf der anderen Seite muss gerade
nach den Terror-
anschlägen in den USA besonders intensiv darauf geachtet werden
– sei es aus Rache oder
aus strategischen Gründen. Die Diskussionen in den USA über
die mögliche Wiedereinführ-
ung der Folter bei Verhören von mutmaßlichen Terroristen
zeigen die Gefahren
genauso wie das zunehmende Schweigen der westlichen Welt über
Menschenrechtsver-
letzungen in Staaten, die für die Anti-Terror-Koalition benötigt
werden. Auch darf der Einsatz
gegen die Straflosigkeit nicht nachlassen, denn solange die Täter
fast sicher sein können, dass sie für ihre Verbrechen nicht zur
Rechenschaft gezogen werden, wird bei den Folterern
kein Unrechtsbewusstsein entstehen.
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